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Voraussetzungen für eine erfolgreiche FMEA

Risikoanalyse hat den Zweck

  • Risiken zu erkennen,
  • Risiken zu bewerten,
  • nicht tolerierbare Risiken zu beseitigen und
  • und dies als nachvollziehbaren Prozess zu dokumentieren

Damit eine FMEA dies leistet, muss sie als Werkzeug im Sinne dieser Aufgabenstellung benutzt werden. Das erfordert bei allen Beteiligten die Offenheit, Risiken an Fakten orientiert zu betrachten und gemeinsam nach wirksamen Lösungen zu suchen.

Wie wird FMEA durchgeführt?

1. Vorbereitung

Die FMEA wird auf dem FMEA-Formblatt dokumentiert. Es sind jedoch einige Vorarbeiten nötig, bevor man mit dem Ausfüllen des Formblatts beginnen kann:

Sofern die FMEA nicht fest im Entwicklungsplan verankert ist, muß sie angestoßen werden. Dies ist Aufgabe des Projektleiters.

  • Art und Umfang der FMEA festlegen!
  • Zustimmung des Kostenverantwortlichen einholen!

2. Ein FMEA-Team bilden

Zur zeitlich straffen und erfolgreichen Durchführung einer FMEA ist das Expertenwissen der am Projekt beteiligten Mitarbeiter aus Konstruktion/Entwicklung aus Fertigungsplanung/Fertigung und Qualitätswesen erforderlich. Aus diesen wird ein Kernteam gebildet. Bei Bedarf werden Spezialisten aus anderen Funktionen wie Vertrieb, Beschaffung, Service oder Umweltschutz hinzugezogen.

An den Arbeitssitzungen sollten nicht mehr als 8 Personen teilnehmen. Wenn es erforderlich ist, sollte die FMEA durch einen Methodenspezialisten moderiert werden. Die Teammitglieder werden mit dem Beschaffen der erforderlichen Unterlagen, von Zeichnungen, Versuchsberichten, Lastenheft, Qualitätsvorschriften, Fehlerlisten und Reklamationsstatistik vergleichbarer Produkte, Gesetzestexten, Verordnungen, Sicherheitsvorschriften, Typisierungsunterlagen, Prozeß-, Montage-, Prüfplänen, beauftragt

Die Bildung des Teams ist Aufgabe des Projektleiters.

  • Sicherstellen, daß die Teammitglieder während der Dauer der FMEA uneingeschränkt zur Verfügung stehen!
  • Vorgesetzte der Teammitglieder rechtzeitig informieren, Zustimmung einholen!

3. Strukturanalyse

Das System (Produkt) besteht aus einzelnen Systemelementen (SE), die zur Beschreibung und Gliederung des Konzeptes dienen. Die Systemstruktur ordnet vom Produkt als oberster Ebene ausgehend die einzelnen SE auf unterschiedlichen hierarchischen Ebenen an. Die Strukturanalyse ist eine grafische Darstellung der Strukturstückliste als Baum. Sofern das Produkt Schnittstellen zwischen Systemelementen enthält, die für seine Funktion wichtig sind, werden diese in der Strukturanalyse dargestellt.

Die System-FMEA beginnt mit dem Produkt als übergeordnetem Systemelement und richtet dann bei Bedarf den Fokus auf Systemelemente auf tieferen Ebenen.

Die Strukturanalyse wird zur Vorbereitung der System-FMEA Produkt durch die Konstruktion/Entwicklung erstellt und den Teammitgliedern rechtzeitig vor der ersten Teamsitzung zur Verfügung gestellt.

Im Falle der System-FMEA Prozess ist der betrachtete Gesamtprozess das System. Teilprozesse, Prozessschritte und Arbeitsfolgen stellen die untergeordneten Systemelemente dar. Für die System-FMEA Prozess führen Fertigung/Fertigungsplanung die Systemanalyse durch.

4. Funktionen und Funktionsstrukturen

Die Funktionen eines Produktes entscheiden zusammen mit seinem Preis über seinen Erfolg am Markt (QFD). Funktionen, Funktionsmerkmale und ihre Ausprägung werden geplant und in einem Pflichtenheft oder einer Zielspezifikation festgelegt. Die Funktionen des Produktes werden durch die Funktionsbeiträge seiner Systemelemente gewährleistet

  • Systemelemente erzeugen Funktionen durch ihren inneren Aufbau. Ein Motor wandelt beispielsweise elektrische Energie in mechanische Energie und erzeugt so ein Drehmoment am Wellenende.
  • Systemelemente übertragen Funktionen. So würde etwa eine Kupplung das Drehmoment des Motors auf eine Pumpe übertragen.
  • Systemelemente vereinigen Funktionen. Das Wellenende des Motors vereinigt die Funktionen "Rundlauf gewährleisten" und "Planlauf gewährleisten", zu denen die Welle selbst, das Gehäuse und die Lager beitragen. Ein Leitungskabel, dem eine Frequenz zur Nachrichtenübertragung aufmoduliert wird, vereinigt die Funktionen "elektrische Energie übertragen" und "Nachrichten übertragen".

Das Zusammenwirken der Funktionen mehrerer SE wird als Funktionsstruktur (Funktionsbaum, Funktionsnetz) dargestellt. Wird die Darstellung als Funktionsbaum gewählt, ist eine sehr übersichtliche Darstellung der Funktionszusammenhänge möglich. Allerdings wird pro Funktion des Produkts ein Baumdiagramm benötigt. Kompakter ist die Darstellung in Listenform.

Die Funktionsanalyse wird bei der System-FMEA Produkt von Konstruktion/Entwicklung, bei der System-FMEA Prozeß von der Fertigung/Fertigungsplanung durchgeführt und den Mitgliedern des FMEA-Teams vor der ersten Teamsitzung zur Verfügung gestellt

5. Fehleranalyse durchführen

Mit der Fehleranalyse beginnt bei der FMEA die eigentliche Arbeit im Team. Das Team geht die Funktionsanalyse durch und benennt mögliche Abweichungen von den spezifizierten Funktionen. Dies geschieht zunächst nach Art eines Brainstormings. Eine Bewertung der möglichen Fehler erfolgt in späteren Schritten. Mögliche Abweichungen von den spezifizierten Funktionen sind:

  • Die Funktion ist nicht vorhanden oder fällt total aus. → Der Motor läuft nicht
  • Ein Funktionsmerkmal liegt außerhalb der spezifizierten Toleranz. → Der Wirkungsgrad des Motors ist <95%
  • Die Funktion ist nicht unter allen spezifizierten Bedingungen vorhanden. Bedingungen können sein Temperatur, Druck, Feuchte, Verschmutzungsgrad, Schock, Vibration, Netzqualität, EMV, ....→ Der Motor erreicht im Einsatz an Deck von Schiffen nicht die spezifizierte Lebensdauer.

Aus der Funktionsanalyse sind die Funktionsbeiträge der untergeordneten Systemelemente bekannt. Abweichungen von diesen Funktionsbeiträgen sind Ursachen für die Fehler auf der übergeordneten Ebene. Der totale Ausfall des Motors kann eine Reihe von Ursachen haben vom Durchbrennen der Wicklung über eine fehlerhafte interne Verschaltung bis zum ungerechtfertigten Ansprechen eines integrierten Schutzschalters. Diese Zusammenhänge werden in einer Fehlerstruktur dargestellt. Formen der Darstellung sind wiederum der Baum oder die Liste

6. Risikobewertung vornehmen

Nachdem in den vorhergehenden Schritten in Bezug auf das FMEA-Formblatt die Kopfdaten festgelegt wurden, beginnt in diesem Schritt das ausfüllen der Spalten. In die Spalte "Möglicher Fehler" werden die in der Fehleranalyse ermittelten möglichen Fehlfunktionen mit Bezug auf das betrachtete Systemelement (mit dem Produkt bzw. dem Gesamtprozeß beginnen) und auf die betrachtete Funktion eingetragen. Die Auswirkung der Fehlfunktion auf den Kunden wird beschrieben. Das ist das, was der Kunde wahrnimmt und wie er darauf reagiert. Wenn mehrere Kategorien von Kunden (z.B. Installateur und Nutzer, Heimwerker und Profianwender) vorhanden sind, werden die Auswirkungen auf die verschiedenen Kategorien beschrieben. Ebenso werden auch mehrere gravierende Auswirkungen auf die gleiche Kategorie von Kunden beschrieben, sofern sie vorhanden sind. Wenn der Kunde reklamiert, beschreibt er ja seine Wahrnehmung, die Enttäuschung seiner Wünsche. Dieser Enttäuschung vorzubeugen ist Ziel der FMEA. Die möglichen Fehlerfolgen werden in die entsprechende Spalte eingetragen und mit Hilfe einer Bewertungstabelle auf einer Skala von 1 - 10 bewertet. Die höchste Bewertung wird in die Spalte B (Bedeutung des Fehlers) eingetragen.

Fehlerursachen sind die Defizite in den Funktionsbeiträgen der untergeordneten Systemelemente, die in der Fehleranalyse ermittelt wurden. Diese werden in die Spalte "Mögliche Fehlerursachen" eingetragen. Der verantwortliche Konstrukteur/Entwickler erläutert die Vermeidungsmaßnahmen, die er zum Zeitpunkt der FMEA durchgeführt hat, um das Auftreten derFehlerursache zu verhindern. Vermeidungsmaßnahmen können sein:

  • Auslegung nach Normen oder firmeninternen Konstruktionsrichtlinien
  • Verifizierung der Auslegung mit anerkannten Rechenverfahren
  • Tests an Funktionsmustern
  • Rückgriff auf bewährte Konstruktionen

Das Team zieht die Erfahrungen mit ähnlichen Konstruktionen in Betracht, berücksichtigt die positiven oder auch negativen Aspekte des vorliegenden Konzepts und bewertet mit Hilfe einer Bewertungstabelle die Auftretenswahrscheinlichkeit der Fehlerursache vor dem Hintergrund der durchgeführten Vermeidungsmaßnahmen. Die Bewertung auf einer Skala von 1 - 10 wird in die Spalte A (Auftretenswahrscheinlichkeit) eingetragen.

Wenn die Fehlerursache tatsächlich auftritt, muß sie nicht zwangsläufig zu Auswirkungen beim Kunden führen. Es besteht noch die Chance, die Fehlerursache oder den Fehler vor Auslieferung des Produktes zu erkennen und zu beseitigen. Ebenfalls zu den Entdeckungsmaßnahmen zählen die Vorkehrungen, die getroffen wurden, damit der Fehler nicht die schlimmsten Folgen nach sich zieht. Der Einbau einer Kontrolleuchte für den Öldruck in ein Fahrzeug oder einer automatischen Abschaltung bei Störung in eine Maschine sind daher Entdeckungsmaßnahmen. Die Maßnahmen zur Entdeckung und Beseitigung von Fehlern sind generell um so wirksamer und wirtschaftlicher je mehr sie auf eine frühzeitige Identifizierung und Eliminierung von Fehlerursachen ausgerichtet sind. In der System-FMEA Produkt sollten Entdeckungsmaßnahmen daher die im Entwicklungsprozeß enthaltenen Prüfmaßnahmen und Freigabeprozeduren wie Prototypentests, 0-Serientests oder Abnahmeprüfungen sein. Im Prozeß bietet sich die Überwachung von Prozeßparametern an. Sortierprüfungen in der Fertigung sind zwar häufig zunächst unvermeidlich, sollten aber immer als Herausforderung zur Rationalisierung gesehen werden. Die durchgeführten Entdeckungsmaßnahmen werden in die entsprechende Spalte eingetragen und die Wahrscheinlichkeit E, daß die Fehlerursache dadurch entdeckt wird, wird auf einer Skala von 1 (hoch) bis 10 (praktisch unmöglich) bewertet. Zwischenwerte können aus der Bewertungstabelle entnommen werden.

Die festgelegten Prüfungen für Prototypen und Serienteile werden in entsprechende Kontrollpläne übernommen.

Bei Prüfungen im Entwicklungsprozeß muß berücksichtigt werden, daß E nicht die Wahrscheinlichkeit angibt, daß die Fehlerursache, wenn sie an einem Prüfling auftritt, durch den Test entdeckt wird. Vielmehr handelt es sich um die Wahrscheinlichkeit mit der festgestellt werden kann, daß bezüglich des Auftretens der Fehlerursache keine unangenehmen Überraschungen zu erwarten sind. Bei geringen und mittleren Auftretenswahrscheinlichkeiten müssen also angemessene Stichproben geprüft werden bzw. es müssen verschärfte Prüfungen durchgeführt werden. Dies wirtschaftlich zu planen ist Gegenstand der statistischen Versuchsplanung.

Die Risikoprioritätszahl RPZ=B*A*E ist ein Maß für das mit einer möglichen Fehlerursache verknüpfte Risiko.

7. Optimierung durchführen

Bei hohen Bewertungszahlen B, A und E oder allgemein hohen RPZ sind Optimierungen erforderlich.

Optimierungen erfolgen nach folgenden Prioritäten:

  1. Konzeptänderung, um die Fehlerursache auszuschließen bzw. die Bedeutung zu reduzieren
  2. Erhöhung der Konzeptzuverlässigkeit, um das Auftreten der Fehlerursache zu minimieren
  3. Wirksamere Entdeckung der Fehlerursachen (zusätzliches Prüfen möglichst vermeiden).

Zur Minimierung des Risikos werden die zusätzlichen Maßnahmen beschrieben und als geplante Maßnahmen in die Spalten "Vermeidungsmaßnahmen" und/oder Entdeckungsmaßnahmen eingetragen. Die durch die Maßnahmen erreichbare Verbesserung wird, deutlich als Plan gekennzeichnet, in die Spalten A und E eingetragen. Wenn mehrere Maßnahmen zur Auswahl stehen, kann so die geeignetste Maßnahme ausgewählt werden. Hierbei geht es nicht nur um eine Minimierung der RPZ sondern auch um die erforderliche Zeit und die entstehenden Kosten. Für die Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen wird jeweils ein Verantwortlicher mit Termin für die Erledigung benannt.

Bei einschneidenden Konzeptänderungen werden für die betroffenen Teilbereiche alle Schritte der System-FMEA von der Systemanalyse an neu durchlaufen.

Bei Zuverlässigkeitserhöhungen durch Vermeidungsmaßnahmen oder wirksamere Entdeckung wird die Bewertung wiederholt. Die tatsächlich durchgeführten Maßnahmen werden mit dem Datum für den neuen Stand in das Formblatt eingetragen.

Ein Eintrag in der V/T-Spalte zeigt offene Punkte und geplante Maßnahmen der System-FMEA.

System-FMEA als Prozess

System FMEA wird in der Konzeptphase eines Produktes oder Prozesses begonnen, in der Realisierungsphase vertieft und während der gesamten Nutzungsdauer des Produktes oder Prozesses gepflegt. Damit steht eine Datenbasis für die Entwicklung verwandter Produkte und Prozesse zur Verfügung.

Literatur

VDA Band 4: Sicherung der Qualität während der Produktrealisierung, Methoden und Verfahren, 1. Auflage (2003)

QS-9000: Potential Failure Mode and Effects Analysis, 3rd Ed. (2001)

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Auf dieser Seite

  • Kurze Anleitung zu System-FMEA
  • Entdeckung möglicher Fehler
  • Formulare, Dokumente

Mögliche Fehler

Für die Suche nach möglichen Fehlern bietet die FMEA den vollständigen oder partiellen Ausfall der spezifizierten Funktionen als formales Verfahren. Mögliche Ursachen sind dann Fehlfunktionen der untergeordneten Systemelemente, die zu der ausgefallenen Funktion des übergeordneten Elementes beitragen.

Dieses Verfahren ist logisch zwingend und geeignet, alle möglichen Fehler zu entdecken. Für die Praxis ist eine Wissensbasis, die Kenntnisse darüber enthält, welche Fehler an ähnlichen Produkten oder Prozessen tatsächlich aufgetreten sind, und so induktive Schlüsse auf die möglichen Fehler des betrachteten Produktes oder Prozesses gestattet, sehr hilfreich.

Im einfachsten Fall besteht diese Wissensbasis in den Erfahrungen des FMEA-Teams.

Formulare, Dokumente

FMEA Formblatt
Einfaches FMEA-Formblatt nach VDA 4 in MS-Excel: FMEA-Formular
Bewertungstabelle
Bewertungstabelle für die FMEA-Produkt und die FMEA-Prozess in MS-Word: Bewertungstabelle (.doc)
Bewertungstabelle für die FMEA-Produkt und die FMEA-Prozess als PDF: Bewertungstabelle (.pdf)