Kurze Anleitung zu QFD
QFD nutzt als Hilfsmittel Qualitätstafeln, die aus mehreren Matrixfeldern bestehen und wegen ihrer äußeren Form auch als "House of Quality" bezeichnet werden (Abb. 1). Das zentrale Anliegen von QFD ist die Übersetzung der "Stimme des Kunden" in die Sprache des Unternehmens.
Abb. 1: Quality Function Deployment, Qualitätstafel I
Die immer vorhandene Forderung nach einem niedrigen Preis bzw. nach geringen Lebenszykluskosten wird nicht mit unter die Kundenforderungen aufgenommen, sondern dient entweder als absolutes Ziel (Design to Cost) oder als Entscheidungskriterium für die Auswahl eines Konzepts.
QFD geht davon aus, daß nicht nur die Forderungen des externen Kunden, sondern auch die der internen Kunden für ein marktgerechtes Produkt von Bedeutung sind. Daher werden auch die Wünsche von Fertigung, Montage und Service unter den "WAS" erfaßt. QFD ist erfolgreich, wenn
- die Kunden im QFD-Team vertreten sind (externe Kunden ggf. durch den Vertrieb) und
- die Wünsche der internen Kunden angemessen berücksichtigt werden.
Die Erstellung der Qualitätstafel I (QT I) erfolgt in 11 Schritten:
- Auflistung der Kundenforderungen (WHATs-Liste)
- Wettbewerbsanalyse aus Sicht des Kunden (WHYs)
- Zuordnung von Garantiefällen, Beschwerden und Verkaufsargumenten zu den Kundenforderungen
- Ermittlung der kritischen Kundenforderungen
- Bestimmung der zu spezifizierenden Merkmale (HOWs-Liste)
- Korrelation der zu spezifizierenden Merkmale mit den Kundenforderungen
- Festlegung der Ausprägung für die zu spezifizierenden Merkmale
- Wettbewerbsanalyse aus Unternehmenssicht
- Bewertung der Schwierigkeit die spezifizierten Werte zu erreichen
- Ermittlung der kritischen Merkmale
- Ermittlung von Korrelationen und ggf. Konflikten der kritischen Merkmale mit den anderen Merkmalen
Die QFD kann fortgesetzt werden mit weiteren Qualitätstafeln, die
- QT II: Merkmale mit Teilen,
- QT III: Teile mit Fertigungsprozessen und
- QT IV: Fertigungsprozesse mit Arbeitsanweisungen
korrelieren. Die beiden letzten Qualitätstafeln sind besonders für Serienfertigungen von Interesse. Die weiteren Ausführungen sollen auf die Qualitätstafel I, Kundenforderungen/Merkmale beschränkt werden.
Schritt 1
Das Projektteam startet QFD. Interne und externe Kunden werden möglichst in einer Teamsitzung befragt. Die Kundenforderungen werden in eine Liste eingetragen. Sehr allgemein gehalten könnte die Liste in Abb. 2 resultieren. Die Kundenforderungen werden mit Prioritäten gewichtet: 9 sehr wichtig, 3 wichtig, 1 weniger wichtig.
Schritte 2, 3 und 4
Zur Wettbewerbsanalyse werden das vorhandene Produkt (A), das beste Konkurrenzprodukt (W) und das geplante Produkt (Z) auf einer Skala von 1 bis 5 bewertet, um darzulegen, wie gut die Kundenforderungen erfüllt werden. Garantiefälle (G1, G2, ...) und Beschwerden (B1, B2, ...) werden den Kundenforderungen zugeordnet und eingetragen. Ebenso werden Verkaufsargumente (V1, V2, ...) eingetragen. Diese Einträge werden in separaten Listen im Klartext dargestellt. Hier nehmen wir die folgenden Daten an:
B 1 | Die Leistung der Anlage entspricht nicht mehr dem technischen Stand |
B 2 |
Die hohen Rüstkosten passen nicht zu den Forderungen nach einer flexiblen Fertigung |
G 1 | Durch wiederholte Softwarefehler während des Probebetriebs konnte die Anlage bei dem Kunden F erst mit 3 Monaten Verzug abgenommen werden. |
G 2 | Bei Kunde G traten 2 Lagerschäden in der Garantiezeit auf. |
V 1 | Das neue Modell wird hinsichtlich der Produktqualität neue Maßstäbe setzen. |
V 2 | Das neue Modell bietet eine innovative Wartungsfreundlichkeit. |
V 3 | Das neue Modell ist in sehr kurzer Zeit zu montieren und auch umzuziehen. |
Für die ersten, kundenbezogenen Schritte der QFD ergibt sich damit das folgende Bild:
Abb. 2: Quality Function Deployment, Kundenforderungen und Wettbewerbsanalyse
Schritte 5 und 6
Danach werden die zu spezifizierenden Merkmale in eine Liste eingetragen.
Die Korrelationen zwischen den Merkmalen und den Kundenforderungen werden abgeschätzt und eingetragen (Abb 3).
Die Bedeutungen sind hier: 9 starke Korrelation, 3 mittlere Korrelation, 1 schwache Korrelation.
Es ergibt sich bereits eine qualitative Aussage:
- Leere Zeilen im Korrelationsfeld bedeuten, daß unser technisches Konzept Kundenforderungen ignoriert.
- Leere Spalten im Korrelationsfeld weisen darauf hin, daß wir Merkmale spezifizieren, die der Kunde anscheinend nicht fordert. Wenn sorfältige Nachprüfung ergibt, daß auch keine unausgesprochene Forderung dahintersteht, haben wir ein Einsparpotential gefunden.
Sofern erforderlich, wird das technische Konzept, das hinter der Auflistung der zu spezifizierenden Merkmale steht, so überarbeitet, daß eine ausgewogene Korrelation zwischen den Kundenforderungen und den Merkmalen entsteht.
Hat das Korrelationsfeld den Charakter einer Diagonalmatrix, besteht der Verdacht, daß die Liste der Merkmale nicht auf einer schlüssigen Produktidee beruht. Vielmehr wurde jedem Kundenwunsch ein Merkmal zugeordnet. Bei der Realisierung gibt es dann Schwierigkeiten.
Abb. 3: Quality Function Deployment, zu spezifizierende Merkmale und Korrelation der Merkmale mit den Kundenforderungen
Schritte 7, 8, 9 und 10
Um die Ziele, die in der Wettbewerbsanalyse aus Kundensicht gesetzt wurden, auch wirklich zu erreichen, müssen die mit diesen Zielen korrelierten Merkmale entsprechend quanitifiziert werden. Die Quanitifizierung wird unterhalb des Korrelationsfeldes eingetragen. Bei realen Anlagenprojekten reicht für die Spezifikation eines Merkmals die Angabe einer Maßzahl gewöhnlich nicht aus. Dann werden in der Qualitätstafel die Dokumente angegeben, welche die vollständige Spezifikation enthalten.
In der Wettbewerbsanalyse aus Unternehmenssicht werden die spezifizierten Merkmalsausprägungen mit dem Vorgängermodell und dem besten Konkurrenten verglichen und auf einer Skala von 1 bis 5 bewertet. Bildet man diese Bewertung mit Hilfe der Korrelationen auf die Konkurrenzanalyse aus Kundensicht ab, muß das geplante Profil sichtbar werden.
Die Schwierigkeit, die geplante Spezifikation zu erreichen, wird abgeschätzt und auf einer Skala von 1 (einfach) bis 5 (sehr schwierig) bewertet.
Kritisch sind die Merkmale, die wichtig und schwierig zu erreichen sind. Die Wichtigkeit eines Merkmals ist die Summe der Produkte der Priorität und der Stärke der Korrelation aller Kundenforderungen, mit denen das Merkmal korreliert. Multipliziert man die Wichtigkeit mit der Schwierigkeit erhält man ein Maß für das Risiko für die Realisierung des Produkts, das mit dem jeweiligen Merkmal verbunden ist. Kritische Merkmale werden durch Pareto-Analyse identifiziert.
Schritt 11
Der letzte Schritt bei der Erstellung der Qualitätstafel 1 ist die Untersuchung der Korrelationen der kritischen Merkmale untereinander. Sofern kritische Merkmale negativ korrelieren, hat dies möglicherweise Rückwirkungen auf die Bewertung der Schwierigkeit, die geforderte Merkmalsausprägung zu erreichen. Schritt 9 muß dann wiederholt werden.
Weil das hier vorgestellte Beispiel mit einer Tabellenkalkulation und nicht mit einer Spezialsoftware erstellt wurde, hat das Feld 11 nicht die Form eines Satteldachs sondern eher die eines Shed-Dachs. Darunter leidet aber das "House of Quality" im Prinzip nicht (Abb. 4).
Abb. 4: Quality Function Deployment, Qualitätstafel I
Ebenso werden in diesem Muster zur Darstellung von Korrelationen keine Sonderzeichen, wie das bei spezieller QFD-Software üblich ist, sondern Zahlen verwendet.
Weitere Auswertungen und Berechnungen lassen sich offensichtlich einfach als Zeilen, Spalten oder Grafiken einfügen.
Die Qualitätstafel in Abb. 4 zeigt, daß der Steuerung der Anlage, der Benutzeroberfläche und der Benutzerinformation in diesem Beispiel besondere Bedeutung zukommen. Diese informationstechnischen Merkmale rangieren vor den maschinenbaulichen Merkmalen. Dies spiegelt eine reale Situation wieder, in der die maschinenbauliche Technik so ausgereift ist, daß die Produktvorteile hauptsächlich durch innovative Informationstechnik erzielt werden.
Ein Fehler ist es, aus einer QFD Auswertung zu folgern, daß "unwichtige" Merkmale vernachlässigt werden können. QFD liefert nur eine Aussage darüber, auf welche Merkmale sich das aktuelle Interesse der Kunden konzentriert. Der Stand der Technik in dem jeweiligen Marktsegment wird vorausgesetzt.
Weil reale QFD-Projekte leicht ziemlich umfangreich werden und als lebendige Dokumente bequem zu ändern und zu erweitern sein müssen, sollte QFD mit Softwareunterstützung durchgeführt werden.
Zweckmäßig legt man zunächst ein kleines Projekt in einer Tabellenkalkulation an. Wenn dann sichtbar wird, daß die Methode zum Arbeitsstil des Unternehmens paßt und häufig angewendet werden wird, kann der Umstieg auf eine spezielle Software erfolgen.